Wir waren schlechte Touristen

London

8,5 Millionen Menschen in London
und für niemanden stank die Themse
so sehr wie für mich.
Nach faulen Eiern und
deinen faulen Ausreden.

3,5 Millionen Menschen in Berlin
und jeder spricht über die Mauer,
doch nur ich meine
die Mauer zwischen uns beiden.

3 Millionen Menschen in Madrid
und jeder genießt die Sonne,
während ich allein im Schatten stehe.
In deinem.

2,8 Millionen Menschen in Rom
und jeder bewundert die Gebäude,
doch ich sehe nur
wie sie einst brannten.
Für mich heißt du Nero.

2,1 Million Menschen in Paris
und jeder blickt zum Eiffelturm,
der für mich als einzige
das Gegenteil von Liebe bedeutet,
seit du darunter gestanden hast.

So viele Städte,
so viele Menschen.
Und das einzige,
woran ich mich zurückerinnern kann,
bist du und dein Blick der Einsamkeit,
weil du nie Zweisamkeit wolltest.

Damals in Paris

Paris

Manchmal sitze ich noch da und vermisse „Damals“. Als wir gemeinsam in Paris glücklich waren. Genau genommen war es die einzige Woche, in der wir nicht gestritten hatten. Wer händchenhaltend unter dem Triumphbogen steht, ist davon überzeugt, die Liebe seines Lebens gefunden zu haben. Schließlich war man in der Stadt der Liebe. Wer schon morgens um 8 mit den besten Schoko-Crossaints gefüttert wird, die es auf der Erde gibt, glaubt nicht an Schlechtes. Und wenn man sich dann auf dem Eiffelturm geküsst hat, ist man davon überzeugt, dass es nur eine Zukunft gibt: die Gemeinsame. Wie wir noch gemeinsam rätselten, was wohl die Namen, die auf dem Eiffelturm stehen, bedeuten.

Vermutlich war Paris der einzige Grund, warum wir es noch so lange miteinander ausgehalten haben. Wir hatten eine gemeinsame Erinnerung. Und eine schöne noch dazu. Wie wir immer sagten: „Damals in Paris…“ An was man sich nicht alles erinnern konnte: Die Metrofahrt in die komplett falsche Richtung, wodurch wir so kleine Gassen fanden, dass man nicht einmal nebeneinander laufen konnte. Die Begegnung mit einem alten Mann, der wohl schon 90 Jahre war und sich mit uns unterhielt, obwohl er keine Wort Deutsch oder Englisch und wir kein Wort Französisch sprachen. Unsere unheimlich lange und anstrengende Tour durch den Louvre, mit einer Touristen-Führerin, die so niedlich deutsch sprach. Der Ausblick vom Eiffelturm, nachdem mir endlich nicht mehr von der Aufzugfahrt übel war. Die Schifffahrt auf der Seine, bei der es so fürchterlich kalt und windig war, dass ich mich die ganze Zeit über in deine Jacke gekuschelt habe. Die lange Schlange, die vor Notre Dame wartete, sodass wir lieber Menschen beobachteten als uns selbst anzustellen.

Dieses „Damals in Paris…“ hat uns solange zusammengehalten. Obwohl schon gar nichts mehr da war zum halten. Wie oft habe ich gedacht, dass wir es nochmal versuchen sollten. Um der gemeinsamen Erinnerungen Willen. Aber jetzt ist es zu spät. Und es ist gut so. Die Zeit in Paris war schön. Aber das war einmal.